Ob du deinen Beckenboden in der Schwangerschaft trainieren darfst und wenn ja, wie ein effektives Beckenbodentraining aussieht, erklärt Gynäkologin Dr. Rieke Hermann.

Liebe werdende Mama, herzlichen Glückwunsch – du bist schwanger! 

In den kommenden aufregenden Monaten erwarten dich viele Veränderungen und Herausforderungen, die dich und deinen Körper auf die Ankunft deines kleinen Wunders vorbereiten. Eines der wichtigsten Themen wird dich über die Schwangerschaft hinaus auch nach der Geburt noch begleiten: die Gesundheit deines Beckenbodens. 

Aus der gynäkologischen Praxis wissen wir, dass dieses Thema von den werdenden Mamas oft vernachlässigt und generell zu selten thematisiert wird. 

Das wollen wir ändern!

In diesem Blog-Artikel erfährst du, welche Probleme und Beschwerden dir ein schwacher Beckenboden bereiten kann, welches Training möglich ist und was du für eine gesunde Beckenbodenmuskulatur beachten solltest.

Zudem stellen wir dir unseren Schwangerschaftsyoga-Beckenboden-Intensivkurs vor.

Was ist der Beckenboden?

Dein Beckenboden kannst du dir als ein komplexes Netz aus verschiedenen Muskeln, Bändern und Bindegewebe vorstellen, das wie eine Hängematte zwischen Schambein, Steißbein und den beiden Sitzhöckern gespannt ist. Zudem umgeben die verschiedenen Muskelschichten des Beckenboden deine Harnröhre, Vagina und den After. Obwohl der Beckenboden für uns nicht sichtbar ist, übernimmt er eine entscheidende Aufgabe: Er gibt den Beckenorganen Halt – und unserem Körper dadurch Stabilität.

Beckenboden Ansicht

​​Die Funktion deines Beckenbodens

Die Beckenbodenmuskulatur leistet für dein körperliches Wohlbefinden einen entscheidenden Beitrag: Sie stützt all deine Organe im Becken- und Bauchbereich und hält sie sicher an ihrem Platz. Dazu zählen die Gebärmutter, die Blase und auch der Darm.

Um Urin und Stuhlgang sicher kontrollieren zu können, brauchst du demzufolge einen stabilen Beckenboden. Darüber hinaus sorgt die unsichtbaren Muskelschichten für Stabilität im Rumpf, für eine aufrechte Körperhaltung und ein erfülltes Sexualleben. Funktioniert der Beckenboden nicht so, wie er soll, fühlen sich viele Frauen sehr unwohl in ihrem Körper.

Darum solltest du insbesondere in der Schwangerschaft deinen Beckenboden nicht vernachlässigen!

Welche Bedeutung hat der Beckenboden in der Schwangerschaft?

Aufgrund der hormonellen Umstellung und der vermehrten Ausschüttung der Hormone Progesteron und Östrogen wird in der Schwangerschaft dein Muskelfasergewebe deutlich weicher, dehnbarer und verliert so an Spannung – das betrifft auch den Beckenboden. Was für die Geburt zwar ein wichtiges Feature ist, kann dir bei einem schwachen Beckenboden im Alltag unangenehme Beschwerden bereiten. Dazu weiter unten im Text mehr.

Gleichzeitig muss dein Beckenboden in der Schwangerschaft Großes leisten: 

Das Mehrgewicht durch Gebärmutter, Baby, Fruchtwasser und Plazenta drückt nach unten, weshalb die Muskulatur dort viel mehr arbeiten muss. Da auch die Bauchmuskulatur in der Schwangerschaft nicht stark belastet werden kann und sollte, sorgt der Beckenboden nahezu allein für die Stabilität deiner Körpermitte. 

Du solltest dich also auf ihn verlassen können.

Oftmals spüren Frauen insbesondere in der zweiten Schwangerschaft, dass die Belastungen in der ersten Schwangerschaft zu einer Beckenbodenschwäche geführt haben.

Mythos: Darf ich den Beckenboden in der Schwangerschaft trainieren?

Du hast es vielleicht schon rausgelesen: Ja, unbedingt! 

Entgegen der veralteten Annahme, dass Frauen während der Schwangerschaft ihren Beckenboden nicht trainieren sollten, damit er unter der Geburt schön locker und elastisch ist, ist das Training des Beckenbodens in der Schwangerschaft sogar sehr zu empfehlen. 

Die Wahrheit liegt auf der Hand:

Ca. 50 Prozent der Frauen, die in der Schwangerschaft bereits unter einer Beckenbodenschwäche litten, hatten auch nach der Geburt langfristige Probleme mit ihrer Beckenbodenmuskulatur. 

Daher ist eine frühzeitige Diagnose sehr wichtig, damit du den Folgeschäden einer Beckenbodenschwäche rechtzeitig und gezielt entgegenwirken kannst. Aber auch ohne Diagnose bringt ein regelmäßiges Beckenbodentraining für die werdende Mutter viele Vorteile und unterstützt natürlich vorbeugend.

Eine Schwangerschaft ist das größte Risiko für eine langanhaltende Beckenbodenschwäche.

Noch ein ganz wichtiger Punkt: Eine bewusste Wahrnehmung des Beckenbodens kann zu einer schnelleren zweiten Geburtsphase führen und steht auch im Verdacht, dir den Heilungsprozess nach der Geburt zu erleichtern. Das ist doch überzeugend, oder?

Symptome: Die häufigsten Anzeichen einer Beckenbodenschwäche in der Schwangerschaft

Sehr viele Frauen leiden in der Schwangerschaft an einer Beckenbodenschwäche – ohne es zu wissen. Viele der gängigen Symptome werden als normale Beschwerden in der Schwangerschaft abgehakt. Du fragst dich jetzt, woran du eine Beckenbodenschwäche erkennst? 

Die wichtigsten Anzeichen für einen schwachen Beckenboden:

Inkontinenz

Verlierst du unkontrolliert Urin, zum Beispiel beim Niesen, Husten oder Lachen? Oder beim Heben schwerer Gegenstände? Es ist das eindeutigste Anzeichen einer Beckenbodenschwäche.

Fremdkörpergefühl

Ein schwacher Beckenboden kann dazu führen, dass deine Gebärmutter oder Blase weiter nach unten rutscht und du bereits frühzeitig ein Druckgefühl oder Schmerzen empfindest. Frauen in meiner Praxis beschreiben das gern ein Gefühl “nach unten offen”. 

Rückenschmerzen

Da die Beckenbodenmuskulatur dein Becken aufrichtet und die Wirbelsäule stabilisiert, führt ein schwacher Beckenboden sehr häufig zu unangenehmen Rückenschmerzen in der Schwangerschaft. 

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr

Wenn du beim Sex mit deinem Partner Schmerzen verspürst oder dich dabei sehr unwohl fühlst, kann eine Beckenbodenschwäche die Ursache sein.

Veränderung beim Toilettengang

Leidest du unter vermehrtem Harndrang oder auch Verstopfung? Diese Veränderungen können auch auf einen schwachen Beckenboden hindeuten.

Symphysenschmerzen

Aufgrund der Weichwerdung der Gelenke und Bänder können genauso Symphysenschmerzen im Bereich des Schambeins auftreten – insbesondere beim Gehen oder Treppensteigen.

Die Anzeichen für einen schwachen Beckenboden sind sehr individuell, unterscheiden sich von Frau zu Frau und können sich zudem mit jeder weiteren Schwangerschaft verstärken. Darum gibt es eine Sache, die du auf keinen Fall tun solltest: deinen Beckenboden ignorieren!

Beckenbodentraining in der Schwangerschaft – was ist zu beachten?

Um deinen Beckenboden zu stärken, die genannten Beschwerden wie Inkontinenz oder Schmerzen im Beckenbereich zu lindern und dich auf die Geburt vorzubereiten, hilft dir letztendlich nur ein gezieltes Beckenbodentraining. 

Um deinen Körper und auch dein Baby nicht zu gefährden, solltest du beim Training ein paar Dinge beachten:

Wähle die richtigen Übungen

Nicht alle sportlichen Übungen sind für schwangere Frauen geeignet. Daher kann es kontraproduktiv sein, dein bisheriges Training fortzuführen. Dazu zählen vor allem Übungen mit Sprüngen oder viel Gewicht. Achte daher darauf, dass die Übungen für den Beckenboden für die körperlichen Bedürfnisse von Schwangeren konzipiert sind.

Achte auf die richtige Atmung

Deine Atmung spielt beim Training des Beckenbodens eine wichtige Rolle. Du solltest tief ein- und ausatmen und dich generell viel bewusster auf deine Atmung bei den Übungen konzentrieren, als du es von deinem Training vielleicht bisher gewohnt bist.

Vermeide Überanstrengung

Nicht nur du selbst wirst in der Schwangerschaft beim Training schneller aus der Puste sein – auch dein Beckenboden ist anfälliger für Überanstrengung. Es ist daher wichtig, dass du langsam ins Training reingehst und die Intensität mit der Zeit steigerst. Eine Überbelastung und Überdehnung des Beckenbodens kann zu langfristigen Schäden führen.

Trainiere vor allem regelmäßig

Um deinen Beckenboden effektiv fit zu halten, solltest du unbedingt regelmäßig trainieren. Um deinen Körper optimal in der Schwangerschaft zu unterstützen, gilt ein Beckenbodentraining drei- bis viermal pro Woche für 20-30 Minuten als optimal.

Übe dich in Anspannung vs. Entspannung

Ein gesunder Muskel ist stark und flexibel. Das heißt, die Muskelentspannung ist genauso wichtig wie die Anspannung. Und beides unterstützt dich bei der Geburt. Ein kräftiger Beckenboden kann deinem Baby eine Stütze bei der Drehung durchs Becken sein und ein flexibler Beckenboden dehnt sich besser und kann nachweislich die zweite Geburtsphase verkürzen. 

In unserem Artikel Beckenboden richtig anspannen und entspannen erhältst du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Schluss mit nasser Hose: Schwangerschaftsyoga Beckenboden Intensiv-Kurs bei der MamAcademy

Du bist dir unsicher, wie du das Beckenbodentraining in der Schwangerschaft angehen sollst? Um sicherzustellen, dass du deinen Beckenboden nicht nur effektiv, sondern auch sicher trainierst, haben wir, Rieke, Katharina und Nicole von der Mamacademy, einen Online-Kurs konzipiert, der genau auf die Bedürfnisse von Schwangeren abgestimmt ist. 

Im Schwangerschaftsyoga-Beckenboden-Intensivkurs lernst du, deinen Beckenboden bewusst wahrzunehmen, ihn richtig anspannen oder entspannen zu können und ihn gezielt zu trainieren. 

Darüber hinaus ist uns wichtig, dass du etwas für dich tust, das dir als Schwangere, als Frau und als werdende Mama richtig gut tut – Yoga hat uns geholfen, unseren Körper und unsere Bedürfnisse wieder mehr zu spüren und zur Ruhe zu kommen.

Der Schwangerschaftsyoga Beckenboden Intensiv-Kurs für die Schwangerschaft ist für alle sportlichen Level geeignet. Er baut sich schlüssig auf und beginnt mit ganz sanften Übungen.

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Alltag-Tipps: Do`s & Don’ts für einen gesunden Beckenboden

Neben dem gezielten Training, kannst du auch im Alltag darauf achten, deine Beckenbodenmuskulatur gezielt zu entlasten und so Beschwerden wie Inkontinenz vorzubeugen. Das solltest du beachten: 

  • Vermeide schweres Heben und Tragen, das den Beckenboden stark belastet
  • Vermeide Übungen wie Sprünge und intensives Krafttraining, welches den Druck auf den Beckenboden erhöht
  • Joggen ist ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft nicht zu empfehlen, da der wachsende Bauch durch die Bewegung auf den Beckenboden einwirkt
  • Huste und niese aufrecht und seitlich über die Schulter, um den Druck auf den Beckenboden zu reduzieren
  • Integriere Yoga-Entspannungsübungen in deinen Alltag, um deinem Beckenboden bewusste Pausen zu gönnen (lernst du ebenfalls im Online-Kurs)
  • Übe dich im bewussten Wahrnehmen deines Beckenbodens, sodass du ihn bei Bedarf anspannen, aber auch entspannen kannst. 

Fazit: Beckenbodentraining in der Schwangerschaft ist sinnvoll

Du siehst: Ein starker Beckenboden in der Schwangerschaft ist kein Nice-to-have, sondern ein absolutes Muss für deine körperliche Gesundheit, eine unkomplizierte Schwangerschaft und eine leichtere Geburt. Er schützt dich vor einer Blasenschwäche, beugt Rückenschmerzen vor und kann dir die Austreibungsphase unter der Geburt erleichtern. Also der Moment, wenn dein Baby kommt!

Wir legen dir daher unbedingt ein effektives Beckenbodentraining in der Schwangerschaft ans Herz – es wird zusätzlich dein körperliches Wohlbefinden in der Schwangerschaft steigern. 

Auch nach der Geburt wird es einige Zeit dauern, bis sich die Beckenbodenmuskulatur von der Schwangerschaft und der Geburt erholt hat. Auch dann ist es wichtig, deinen Beckenboden durch gezieltes Rückbildungstraining zu stabilisieren.

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