Wie erkenne ich vorzeitige Wehen?
In Deutschland werden jedes Jahr ca. 50.000 Kinder zu früh geboren und in den wenigsten Fällen, werden die Kinder geplant zu früh auf die Welt geholt. Meistens kommt es zu vorzeitigen Wehen, einem verfrühten Platzen der Fruchtblase oder einer unerwarteten Öffnung des Muttermunds (Zervixinsuffizienz), die im Verlauf zu einer Frühgeburt führen. Gerade in der ersten Schwangerschaft fällt es Frauen schwer Wehen einordnen zu können. Treten in der früheren Schwangerschaft Wehen auf kann das sehr beunruhigend sein und Angst vor einer Frühgeburt hervorrufen. Obwohl ein Ziehen im Bauch im Laufe der Schwangerschaft meistens ganz normal ist, ist die Verunsicherung groß. Deshalb ist es wichtig die sogenannten Übungswehen von vorzeitigen Wehen unterscheiden zu können. In diesem Artikel erfährst Du wie sich vorzeitige Wehen anfühlen und welche Ursachen es dafür gibt. Außerdem lernst Du ab wann Du mit Übungswehen rechnen kannst, wie oft diese auftreten und wie Du sie von vorzeitigen Wehen unterscheiden kannst.
Vorzeitige Wehen oder Übungswehen?
Die Gebärmutter ist ein großer Muskel. Die Muskulatur der Gebärmutter hat sorgt in der Schwangerschaft dafür, dass das Baby fest in der Gebärmutter gehalten wird und am Ende der Schwangerschaft die Gebärmutter verlassen kann. Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur in der Schwangerschaft werden als Wehen bezeichnet. Außerhalb der Schwangerschaft kommt es auch während der Periodenblutung zu Kontraktionen. Je nach Phase der Schwangerschaft oder Geburt variieren die Wehen in ihrer Frequenz, Dauer und Stärke. Jede Wehenart hat eine andere Funktion, die deinen Körper auf die Geburt vorbereitet oder die Geburt vorantreibt. Das Schmerzempfinden von Wehen ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich, deshalb ist es nicht immer leicht die verschiedenen Wehenarten zu unterscheiden. Dennoch gibt es bestimmte Merkmale, die Dir helfen können die Wehen einzuordnen und harmlose Übungswehen und Senkwehen von vorzeitigen Wehen zu unterscheiden.
Vorzeitige Wehen
Vorzeitige Wehen sind Kontraktionen, die vor der 36. Schwangerschaftswoche auftreten und schmerzhaft sind. Sie sind ein Warnsignal des Körpers, die auch bei seelischer oder körperlicher Belastung auftreten können. Anhaltende vorzeitige Wehen können im Verlauf zu einer Verkürzung und Eröffnung des Muttermundes führen und damit eine Frühgeburt auslösen.
Als Richtlinie gelten Kontraktionen, die
-
mehr als 10 bis 15 mal innerhalb von 24 Stunden auftreten
-
länger als 30 Sekunden andauern
-
schmerzhaft sind
als vorzeitige Wehen. Sie treten also in recht kurzen Intervallen hintereinander auf, und nehmen häufig in ihrer Schmerzintenstität zu. Sie können zudem durch vermehrtem wässrigen oder auch blutigem Ausfluss begleitet werden.
Vorzeitige Wehen oder Senkwehen?
Nicht immer sind alle oben Kriterien zusammen erfüllt. Auch das Schwangerschaftsalter spielt bei der Ausprägung der Wehen eine Rolle. So sagt man, dass um die 25. SSW etwas zwei zwei Wehen pro Stunde und rund um die 37. SSW bis zu fünf Wehen pro Stunde als vorzeitige Wehen bezeichnet werden, wenn diese regelmäßig und schmerzhaft sind.
Du siehst also, dass es nicht immer eindeutig ist, wann es sich um vorzeitige Wehen handelt. Die beschriebenen Anzeichen können Dir einen ersten Hinweis geben, wichtig ist aber, dass Du im Zweifelsfall immer deine Ärztin / Arzt oder Hebamme aufsuchst.
Übungswehen
Die Übungswehen oder auch Braxton-Hicks-Kontraktionen treten meisten in der zweiten Schwangerschaftshälfte auf, also ab der 20.-25. Schwangerschaftswoche. Ab der 32. SSW werden sie dann auch häufiger und stärker. Mit den Übungswehen „übt“ die Gebärmutter schon einmal, bevor sie dann während der Geburt mit vollster Kraft arbeitet. Du kannst es Dir vorstellen, wie ein Sportler, der für den Wettkampf trainiert.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal von Übungswehen ist, dass sie im Gegensatz zu echten (vorzeitigen) Wehen in den allermeisten Fällen nicht schmerzhaft sind. Frauen spüren eher ein Ziehen im Bauch und der Bauch wird hart und entspannt sich kurze Zeit später wieder. Die Kontraktionen der Gebärmutter sind meistens relativ schwach und unregelmäßig. Sie treten in der Regel weniger als dreimal pro Stunde auf und dauern zwischen 30 Sekunden und einer Minute.
Treten die Wehen häufiger auf, werden regelmäßiger und/oder im Verlauf schmerzhafter, können es Anzeichen für vorzeitige Wehen sein und Du solltest . unbedingt deine Ärztin / Arzt oder deine Hebamme aufsuchen.
Senkwehen
Von den Übungswehen und Senkwehen abzugrenzen sind die Senkwehen. Diese können ab der 36. Schwangerschaftswoche auftreten und deutlich zu spüren sein. Mit den Senkwehen senkt sich der Kopf des Kindes tiefer in das Becken hinein, begibt sich also in Geburtsposition. Die Kontraktionen können bereits schmerzhaft empfunden werden, auch der Druck auf den Beckenboden ist meistens spürbar. Sie können bis zu einer Minute andauern und auch über mehrere Stunden hinweg mit großen Abständen (mehr als 15min) auftreten. Zu einem Ziehen können auch Menstruationsartige Schmerzen kommen, die ebenso in den Rücken ausstrahlen können. Die Senkwehen haben den positiven Effekt, dass Du danach wieder besser atmen kannst und auch wenige Druck auf den Magen verspürst. Der Bauch kann sich auch von außen sichtbar absenken. Wie lange es nach den Senkwehen dauert, bis das Baby kommt lässt sich nicht genau sagen, ein grober Zeitrahmen sind 2-4 Wochen.
Mit den Senkwehen senkt sich der Kopf des Kindes tiefer in das Becken hinein, begibt sich also in Geburtsposition.
Wie wird festgestellt ob eine Frühgeburt bevorsteht?
Um auszuschließen, dass es sich um vorzeitige Wehen handelt, können verschiedene Untersuchungen helfen.
Mit einer Tastuntersuchung kann deine Ärztin/Arzt oder Hebamme den Muttermund erfühlen und seine Konsistenz ertasten. Bei vorzeitigen Wehen wird der Muttermund zunächst weicher, kürzer und öffnet sich dann. All diese Parameter können bei einer Tastuntersuchung bewertet werden. Der Ultraschal ist jedoch aussagekräftiger.
Im Ultraschall kann deine Ärztin/Arzt sicher feststellen, ob die spürbaren Kontraktionen einen Effekt auf den Gebärmutterhals haben. Vorzeitige Wehen führen zu einer Gebärmutterhalsverkürzung und im Verlauf auch Öffnung. Der Körper bereitet sich auf die Geburt des Babys vor.
Ergänzend wird meistens ein CTG (Karditokogramm) geschrieben. Mit dem „Wehenschreiber“ kann die Stärke und die Frequenz der Wehen aufgezeichnet werden, was zusätzlich einen Hinweise auf die Art der Wehen geben kann.
Ursachen für vorzeitige Wehen?
Ein noch recht neues Verfahren und in der Praxis eher selten eingesetztes Verfahren ist der sogenannte Fibronektin-Test. Hier kann die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt über die Fibronektin-Konzentrationen im Vaginal-Abstrich bestimmt werden. Das Fibronektin ist ein Eiweiß, der an der Haftung der Fruchtblase an der Gebärmutter beteiligt ist. Kann zwischen der 22. bis 35. SSW vermehrt Fibronektin in der Vagina festgestellt werden, gilt dies als ein Hinweis auf ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko. Die positive Aussagefähigkeit ist jedoch schwächer als, ein negatives Testergebnis. Hier kann sich mit einer 99%igen Sicherheit sagen, dass es in den nächsten 14 Tagen nicht zu einer Frühgeburt kommen wird. Der Fibronektin-Test kann also gut dafür Eingesetz werden, um die Gefahr der vorzeitigen Wehen auf eine Frühgeburt einzuschätzen.
Was ist die Ursache von vorzeitigen Wehen?
Es gibt sehr viele mögliche Ursachen und Risikofaktoren für vorzeitige Wehen während der Schwangerschaft. Dabei gibt es Faktoren, die Du als schwangere selbst beeinflussen kannst, aber auch einige, die nicht in deiner Hand liegen. Vorzeitigen Wehen gelten als häufigste Ursache von einer Frühgeburt, weshalb es besonders wichtig ist, dass Du versuchst, das Risiko durch eine gute Lebensweise zu minimieren.
Die häufigsten Auslöser für vorzeitige Wehen sind:
-
Vaginale Infektionen
-
Starker, übermäßiger Stress
-
Über- oder Untergewicht
-
Ungesunde Ernährung und Lebensweise (falsche Ernährung, Alkohol- oder Nikotinkonsum)
-
vorherige Früh- oder Fehlgeburten
-
Mehrlingsschwangerschaftern
-
Sehr junges (unter 18 Jahre) und höheres Alter (>35 Jahre) in der Schwangerschaft
-
Fehlentwicklungen oder Fehlbildungen der Plazenta, des Gebärmutterhalses oder der Gebärmutter selbst
-
zu viel Fruchtwasser (Polyhydramnion)
-
Mütterliche Erkrankungen: schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck, Diabetes, Fieber, Depressionen, Präeklampise
-
Ungünstige (soziale) Lebensbedingungen: Schlechte Schulbildung, Arbeitslosigkeit, Alleinstehend, Ungewollte Schwangerschaft
Wie kann man vorzeitigen Wehen vorbeugen?
Natürlich hast Du nicht alle Auslöser von vorzeitigen Wehen selbst in der Hand. Aber eine gesunde Ernährung und Lebensweise können sich positiv auf das Risiko einer Frühgeburt auswirken. Dazu gehört vor allem auch das Vermeiden von psychischen und körperlichem Stress.
Übermäßiger Stress wirkt sich außerdem negativ auf das Immunsystem aus, was wiederum das Risiko für Infektionen steigen lässt. Die Einnahme von Magnesium kann bei beginnenden vorzeitigen Wehen unterstützt eingesetzt werden.
Wie werden vorzeitige Wehen behandelt?
Bei vorzeitigen Wehen, die noch keine Veränderung des Gebärmutterhalses bewirkt haben ist Ruhe und Entspannung oft ausreichend, um die Wehen zu stoppen. Dazu kann auch einer Reduzierung der Arbeitszeit notwendig sein. Yoga und Entspannungsübungen können zusätzlich hilfreich sein.
Werden vorzeitige Wehen festgestellt und ist der Gebärmutterhals bereits deutlich verkürzt besteht ein akut erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt und es werden zusätzliche therapeutische Schritte eingeleitet. Dazu gehört es die Wehen mithilfe von sogenannten „Wehenhemmern“ (Tokolytika) zu stoppen und mögliche Ursachen (Infektionen, Schwangerschaftserkrankungen etc.) zu behandeln. Um das Kind bestmöglich auf eine Frühgeburt vorzubereiten wird häufig auch eine Lungenreife des Babys mit einer Kortisontherapie durchgeführt. Auch Progesteronpräparate können zur Stabilisierung des Muttermundes eingesetzt werden. Wegen einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko werden hochdosierte Magneisumgaben heute nur noch selten eingesetzt. Ein operativer Verschluss des Muttermundes (Cerclage) oder die Einlage eines Pessars sind bei vorzeitigen Wehen oft wirkungslos. Diese Verfahren eignen sich v.a. bei einer wehenfreien Zervixverkürzung.
Hör auf dein Körpergefühl und respektiere deine körperlichen Grenzen!
Nach dem Lesen dieses Blogbeitrags ist Dir sicherlich bewusst geworden, dass vorzeitige Wehen nur durch eine Untersuchung sicher ausgeschlossen werden können. Oftmals hilft es aber auch bei beginnenden Wehen Dich mit Dir selbst zu verbinden, in die vollkommene Entspannung zu finden und tief ein und aus zu atmen. Sollten die Beschwerden über eine längere Zeit anhalten oder sogar stärker werden, trotz der Ruhe, ist es wichtig, dass Du Dich mit deiner Ärztin/ Arzt oder Hebamme in Verbindung setzt. Wir wissen, dass Stress in der Schwangerschaft ein Auslöser sein kann für vorzeitige Wehen aber auch andere Schwangerschaftskomplikationen. Gerade in dieser besonderen Phase deines Lebens ist es wichtig, dass Du deine körperlichen Grenzen erkennst und respektierst. Schaffe Dir Auszeiten und spüre in Dich hinein, was Dir gut tut.
Dein MamAcademy Team
Du möchtest mehr über das Thema Angst vor einer Frühgeburt erfahren?
Dann höre unbedingt in unsere Podcastfolge rein, hier erzählt Katharina wie es ihr in der aktuellen Schwangerschaft geht und wie sie es schafft ihre Ängste nach der Erfahrung einer Frühgeburt aufzulösen.
In unserem „Gesund durch die Schwangerschaft“ Online Kurs lernst Du alles, was Du für Deine Geburtsvorbereitung brauchst. Wir teilen nicht nur medizinisches Wissen mit dir, sondern widmen uns im Detail der mentalen und körperlichen Vorbereitung. Das besondere daran? Die persönliche BEgleitung durch uns als deine Expertinnen. Wenn Du nicht allein durch die Geburtsvorbereitung gehen möchtest, kannst Du Dich hier anmelden:
Dein Kind ist bereits geboren? Herzlichen Glückwunsch zu Deinem kleinen Wunder! Hier findest Du unsere speziellen Beckenboden Intensivkurse mit 12 Monate flexiblem Zugriff!